Sonntag, 24. November 2013

Die Träne auf der Wange der Ewigkeit



Vorgestern Abend haben Jan, Anne und ich uns nach Agra aufgemacht. Wir sind mit dem Zug in der Sleeper Class gefahren und es war viel besser als ich befürchtet habe. Die Liegen bzw. Sitze waren recht sauber, unsere Abteilgenossen waren halbwegs in Ordnung - nur ziemlich laut war es. Ich habe festgestellt, Inder scheinen irgendwie nicht leise sein zu können. Geredet wird entweder laut oder in voller Lautstärke, beim Telefonieren geht das Ganze sogar noch eine Stufe höher, denn das Gegenüber ist ja weiter weg. Und falls das Handy mal nicht zum Telefonieren in Gebrauch ist, müssen unbedingt Mails abgefragt werden oder eins der beliebten Jump ‘n‘ Run-Spiele gespielt werden. Das aber zum Glück ohne Ton. Die Smartphoneitis scheint sich hier noch sehr viel epidemieartiger ausgebreitet zu haben als in Europa…

In Agra angekommen, sollte uns ein Fahrer vom Hotel abholen. Nach kurzer Suche haben wir einen Inder entdeckt, der mit einem Schild, auf dem Jan’s Name stand (fast richtig geschrieben), auf uns wartete. So haben wir Shabbu kennen gelernt.
Er hat uns dann auch gleich zum Hotel gefahren, nachdem er uns mit dem Gepäck geholfen hat - drei 60-Liter-Rucksäcke plus Taschen und Kameras in einem Tuc-Tuc zu verstauen ist gar nicht so ohne! Auf der Fahrt dahin hat er Anne und mir ein kleines Notizbuch gegeben, mit der Aufforderung, zu lesen. Darin haben andere Traveller aufgeschrieben, was sie mit Shabbu als Fahrer so alles erlebt hatten - Shabbu erklärte uns nämlich, man könne ihn für einen ganzen Tag mieten und er würde uns dann zu allen Sehenswürdigkeiten fahren. Weil schon wirklich viele in das Buch geschrieben hatten und alle begeistert zu sein schienen - und weil der Preis passte - entschlossen wir uns, den Versuch zu wagen. Los gehen sollte es am nächsten Morgen um 05:30 Uhr - weil der Taj Mahal bei Sonnenaufgang so spektakulär sein sollte.

Na, was soll ich sagen. Gestern um halb sechs haben wir uns also aus dem Bett gequält und Shabbu hat schon auf uns gewartet. Im Dunkeln sind wir dann die letzten Meter zum Westtor des Taj gegangen, wo trotz der frühen Stunde sicher schon an die 200 Leute da waren. Der Ticketschalter war noch gar nicht offen, aber nach einer Weile konnten wir von der Ticketschlange in die Schlange vor dem Tor wechseln. Wir mussten da immer noch eine Weile warten - und hinter uns wurde die Schlange länger und länger. Wir waren wirklich froh, dass wir so früh da waren (und angeblich sind es morgens immer noch wenig Leute!). Kurz vor „Einlass“ mussten wir leider noch was sehr Negatives erleben: eine deutsche Familie (Mama, Papa, erwachsene Tochter) ist einfach über die Absperrung geklettert und hat sich ein kleines Stück hinter uns in die Reihe gedrängt. Das löste ungläubige Blicke aus (und bei mir das Bedürfnis, mich bei der daneben stehenden indischen Familie zu entschuldigen) - und ich habe zu Anne laut und auf Deutsch gesagt, was ich von solchem Verhalten halte. Wenigstens die Tochter hat mich gehört.

Am Eingang selbst fand die übliche Personen- und Taschenkontrolle statt. Die Taschenkontrolle war etwas willkürlich, denn während einer sein Notizbuch mitnehmen durfte, durfte das der andere nicht - und ich musste meine Hustenbonbons abgeben, durfte aber die Trinkflasche behalten - und die Pfeffersprays mussten weg. Weil wir keinen Guide hatten, musste ich die Sachen in den Locker Room bringen (und durfte sie nicht am Eingang hinterlegen), denn sonst würden sie weggeschmissen. Na ja, die Hustenbonbons hätte ich mir ja noch einreden lassen - aber die Pfeffersprays in den Müll? Never ever! Also wieder raus („Yes Ma’am, you can go straight throught afterwards, no queue!“) und zum Locker Room drei Straßen weiter (ohne Scherz!). Auf dem Weg hab ich noch ein anderes deutsches Mädel getroffen, die die Vordrängelaktion auch mitbekommen hatte und sich genau so wie ich darüber aufgeregt hat. Dadurch wurde der Weg etwas kürzer.

Bis ich wieder am Eingang war, war die Sonne schon fast aufgegangen und ich sauer. Geholfen hat auch nicht, dass der Wachmann mir erklären wollte, dass ich mich noch mal anstellen sollte - ich bekam Schützenhilfe von einer weiteren Touristin, die auf ihren Mann wartete und erklärte, ihnen habe man dasselbe gesagt wie mir. Nach einigem Hin und Her durfte ich dann rein, nochmal Taschenkontrolle und endlich war ich durch.

Wir waren insgesamt ca. zweieinhalb Stunden da und mir ist nicht langweilig geworden dabei. Den Taj aus dem Nebel aufsteigen zu sehen war schon spektakulär und auch die Gartenkulisse bzw. das Red Fort über dem Fluss waren toll anzusehen. Eine Herausforderung wie immer war das Fotografieren - ohne reinlatschende Menschen.

Um halb zehn hat uns Shabbu wieder abgeholt und wir sind erst mal zum frühstücken auf die Dachterrasse unseres Hotels gegangen - auch von da hatten wir einen guten, unverstellten Blick auf den Taj.

Danach haben wir uns noch den Baby Taj, das Itimad-ud-Daulah, angeschaut. Das ist das Grabmal der Großeltern von Mumtaz Mahal (für welche der Taj gebaut wurde) und heißt deswegen Baby Taj, weil es dem großen recht ähnlich sieht. Es wurde auch nur ca. 30 Jahr zuvor erbaut. Hier war es um einiges friedlicher und viel weniger überlaufen wie im Taj Mahal. Wir haben während des Tages übrigens noch mehrmals einen Blick auf diesen werfen können - und die Menschenmassen ab dem späten Vormittag waren unvorstellbar!

Ein weiteres Highlight ist auf jeden Fall das Rote Fort von Agra. Leider ist nur ein kleiner Teil zugänglich, weil es nach wie vor auch militärisch genutzt wird. Auch hier sind sehr viele Touristen (indische wie ausländische), aber man kann sich auch gut einfach mal hinsetzen und die zahmen Streifenhörnchen beobachten und/oder füttern. Der Palast im Inneren des Forts ist aus weißem Marmor und man kann auch den Turm bestaunen, in dem Shah Jahan von seinem Sohn acht Jahre lang bis zu seinem Tod gefangen gehalten wurde. Wie der ehemalige Mogul konnten auch wir sein Lebenswerk, das Grabmal seiner Frau, durch die Fenster betrachten.

Abends sind wir dann in ein vom Lonely Planet empfohlenes Restaurant essen gegangen - ich hab was halbwegs Gutes erwischt, aber Annes und Jans Essen war wohl einfach nur vergessenswert. Daraufhin haben wir Shabbu angerufen und ihn gebeten, uns doch zu dem anderen Restaurant zu fahren, das er und empfohlen hätte.
Dort angekommen fanden wir einen riesigen und wunderschönen Garten vor, der uns aber leider zu kühl war. Hinter dem Haus zeigte uns der Chef dann noch seine Welpen, nachdem ich vorhin schon den Papa derselben ausgiebig gestreichelt hatte.

Wir sind dann aber recht früh nach Hause gegangen - aber erst nachdem wir auch noch in Shabbu’s Buch geschrieben hatten - weil wir heute früh schon wieder um vier Uhr rausmussten - unser Zug nach Jaipur ist um fünf abgefahren.

So, jetzt sitze ich hier in Rajasthan und bin hungrig (in anderthalb Stunden gibt’s Brunch), müde und verschnupft - und jetzt geh ich erst mal Duschen!

Tor im Agra Red Fort

Garten im Agra Red Fort

Blick auf den Taj vom Agra Red Fort

Agra Red Fort

Brunnen im Agra Red Fort

Amar Singh Gate (Agra Red Fort)

Diwan-i-Am (öffentliche Audienzhalle im Agra Red Fort)

Musamman Burj (Gefängnis Shah Jahans) im Agra Red Fort


Itimad-ud-Daulah (Baby Taj)

Tor zum Itimad-ud-Daulah

Durchbrochenes Fenster (Itimad-ud-Daulah)

Marmoreinlegarbeiten (Itimad-ud-Daulah)

Szene am Yamuna River



Langsam weicht der Nebel...

Taj Mahal in der Morgensonne

Lichtspiele im Taj





Westtor des Taj Mahal

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen