Vorgestern Abend haben Jan, Anne und ich uns nach Agra
aufgemacht. Wir sind mit dem Zug in der Sleeper Class gefahren und es war viel
besser als ich befürchtet habe. Die Liegen bzw. Sitze waren recht sauber,
unsere Abteilgenossen waren halbwegs in Ordnung - nur ziemlich laut war es. Ich
habe festgestellt, Inder scheinen irgendwie nicht leise sein zu können. Geredet
wird entweder laut oder in voller Lautstärke, beim Telefonieren geht das Ganze
sogar noch eine Stufe höher, denn das Gegenüber ist ja weiter weg. Und falls
das Handy mal nicht zum Telefonieren in Gebrauch ist, müssen unbedingt Mails
abgefragt werden oder eins der beliebten Jump ‘n‘ Run-Spiele gespielt werden.
Das aber zum Glück ohne Ton. Die Smartphoneitis scheint sich hier noch sehr
viel epidemieartiger ausgebreitet zu haben als in Europa…
In Agra angekommen, sollte uns ein Fahrer vom Hotel abholen.
Nach kurzer Suche haben wir einen Inder entdeckt, der mit einem Schild, auf dem
Jan’s Name stand (fast richtig geschrieben), auf uns wartete. So haben wir
Shabbu kennen gelernt.
Er hat uns dann auch gleich zum Hotel gefahren, nachdem er
uns mit dem Gepäck geholfen hat - drei 60-Liter-Rucksäcke plus Taschen und
Kameras in einem Tuc-Tuc zu verstauen ist gar nicht so ohne! Auf der Fahrt
dahin hat er Anne und mir ein kleines Notizbuch gegeben, mit der Aufforderung,
zu lesen. Darin haben andere Traveller aufgeschrieben, was sie mit Shabbu als
Fahrer so alles erlebt hatten - Shabbu erklärte uns nämlich, man könne ihn für
einen ganzen Tag mieten und er würde uns dann zu allen Sehenswürdigkeiten
fahren. Weil schon wirklich viele in das Buch geschrieben hatten und alle
begeistert zu sein schienen - und weil der Preis passte - entschlossen wir uns,
den Versuch zu wagen. Los gehen sollte es am nächsten Morgen um 05:30 Uhr - weil
der Taj Mahal bei Sonnenaufgang so spektakulär sein sollte.
Na, was soll ich sagen. Gestern um halb sechs haben wir uns
also aus dem Bett gequält und Shabbu hat schon auf uns gewartet. Im Dunkeln
sind wir dann die letzten Meter zum Westtor des Taj gegangen, wo trotz der
frühen Stunde sicher schon an die 200 Leute da waren. Der Ticketschalter war
noch gar nicht offen, aber nach einer Weile konnten wir von der Ticketschlange
in die Schlange vor dem Tor wechseln. Wir mussten da immer noch eine Weile
warten - und hinter uns wurde die Schlange länger und länger. Wir waren
wirklich froh, dass wir so früh da waren (und angeblich sind es morgens immer
noch wenig Leute!). Kurz vor „Einlass“ mussten wir leider noch was sehr
Negatives erleben: eine deutsche Familie (Mama, Papa, erwachsene Tochter) ist
einfach über die Absperrung geklettert und hat sich ein kleines Stück hinter
uns in die Reihe gedrängt. Das löste ungläubige Blicke aus (und bei mir das
Bedürfnis, mich bei der daneben stehenden indischen Familie zu entschuldigen) -
und ich habe zu Anne laut und auf Deutsch gesagt, was ich von solchem Verhalten
halte. Wenigstens die Tochter hat mich gehört.
Am Eingang selbst fand die übliche Personen- und
Taschenkontrolle statt. Die Taschenkontrolle war etwas willkürlich, denn
während einer sein Notizbuch mitnehmen durfte, durfte das der andere nicht -
und ich musste meine Hustenbonbons abgeben, durfte aber die Trinkflasche
behalten - und die Pfeffersprays mussten weg. Weil wir keinen Guide hatten,
musste ich die Sachen in den Locker Room bringen (und durfte sie nicht am Eingang
hinterlegen), denn sonst würden sie weggeschmissen. Na ja, die Hustenbonbons
hätte ich mir ja noch einreden lassen - aber die Pfeffersprays in den Müll? Never ever! Also wieder raus („Yes Ma’am,
you can go straight throught afterwards, no queue!“) und zum Locker Room drei
Straßen weiter (ohne Scherz!). Auf dem Weg hab ich noch ein anderes
deutsches Mädel getroffen, die die Vordrängelaktion auch mitbekommen hatte und
sich genau so wie ich darüber aufgeregt hat. Dadurch wurde der Weg etwas
kürzer.
Bis ich wieder am Eingang war, war die Sonne schon fast
aufgegangen und ich sauer. Geholfen hat auch nicht, dass der Wachmann mir
erklären wollte, dass ich mich noch mal anstellen sollte - ich bekam
Schützenhilfe von einer weiteren Touristin, die auf ihren Mann wartete und
erklärte, ihnen habe man dasselbe gesagt wie mir. Nach einigem Hin und Her
durfte ich dann rein, nochmal Taschenkontrolle und endlich war ich durch.
Wir waren insgesamt ca. zweieinhalb Stunden da und mir ist
nicht langweilig geworden dabei. Den Taj aus dem Nebel aufsteigen zu sehen war
schon spektakulär und auch die Gartenkulisse bzw. das Red Fort über dem Fluss
waren toll anzusehen. Eine Herausforderung wie immer war das Fotografieren -
ohne reinlatschende Menschen.
Um halb zehn hat uns Shabbu wieder abgeholt und wir sind
erst mal zum frühstücken auf die Dachterrasse unseres Hotels gegangen - auch
von da hatten wir einen guten, unverstellten Blick auf den Taj.
Danach haben wir uns noch den Baby Taj, das Itimad-ud-Daulah,
angeschaut. Das ist das Grabmal der Großeltern von Mumtaz Mahal (für welche der
Taj gebaut wurde) und heißt deswegen Baby Taj, weil es dem großen recht ähnlich
sieht. Es wurde auch nur ca. 30 Jahr zuvor erbaut. Hier war es um einiges friedlicher
und viel weniger überlaufen wie im Taj Mahal. Wir haben während des Tages
übrigens noch mehrmals einen Blick auf diesen werfen können - und die
Menschenmassen ab dem späten Vormittag waren unvorstellbar!
Ein weiteres Highlight ist auf jeden Fall das Rote Fort von
Agra. Leider ist nur ein kleiner Teil zugänglich, weil es nach wie vor auch
militärisch genutzt wird. Auch hier sind sehr viele Touristen (indische wie
ausländische), aber man kann sich auch gut einfach mal hinsetzen und die zahmen
Streifenhörnchen beobachten und/oder füttern. Der Palast im Inneren des Forts
ist aus weißem Marmor und man kann auch den Turm bestaunen, in dem Shah Jahan
von seinem Sohn acht Jahre lang bis zu seinem Tod gefangen gehalten wurde. Wie
der ehemalige Mogul konnten auch wir sein Lebenswerk, das Grabmal seiner Frau,
durch die Fenster betrachten.
Abends sind wir dann in ein vom Lonely Planet empfohlenes
Restaurant essen gegangen - ich hab was halbwegs Gutes erwischt, aber Annes und
Jans Essen war wohl einfach nur vergessenswert. Daraufhin haben wir Shabbu
angerufen und ihn gebeten, uns doch zu dem anderen Restaurant zu fahren, das er
und empfohlen hätte.
Dort angekommen fanden wir einen riesigen und wunderschönen
Garten vor, der uns aber leider zu kühl war. Hinter dem Haus zeigte uns der
Chef dann noch seine Welpen, nachdem ich vorhin schon den Papa derselben ausgiebig
gestreichelt hatte.
Wir sind dann aber recht früh nach Hause gegangen - aber
erst nachdem wir auch noch in Shabbu’s Buch geschrieben hatten - weil wir heute
früh schon wieder um vier Uhr rausmussten - unser Zug nach Jaipur ist um fünf
abgefahren.
So, jetzt sitze ich hier in Rajasthan und bin hungrig (in
anderthalb Stunden gibt’s Brunch), müde und verschnupft - und jetzt geh ich
erst mal Duschen!
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Tor im Agra Red Fort |
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Garten im Agra Red Fort |
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Blick auf den Taj vom Agra Red Fort |
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Agra Red Fort |
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Brunnen im Agra Red Fort |
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Amar Singh Gate (Agra Red Fort) |
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Diwan-i-Am (öffentliche Audienzhalle im Agra Red Fort) |
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Musamman Burj (Gefängnis Shah Jahans) im Agra Red Fort |
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Itimad-ud-Daulah (Baby Taj) |
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Tor zum Itimad-ud-Daulah |
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Durchbrochenes Fenster (Itimad-ud-Daulah) |
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Marmoreinlegarbeiten (Itimad-ud-Daulah) |
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Szene am Yamuna River |
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Langsam weicht der Nebel... |
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Taj Mahal in der Morgensonne |
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Lichtspiele im Taj |
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Westtor des Taj Mahal |
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